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Tipp vom Rechtsexperten

Anwendbarkeit der Vorfahrtsregel „rechts vor links“ auf Parkplätzen

09.03.2023

Nicht selten kommt es auf Parkplätzen, sei es auf Baumärkten oder Einkaufsmärkten zu Verkehrsunfällen, bei denen unterschiedliche Auffassungen der jeweils Beteiligten betreffend die Anwendung der StVO, insbesondere auch betreffend die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ vorherrschen. Der BGH hat nunmehr in seinem Urteil vom 22.11.2022 entschieden, dass die Regel „rechts vor links“ auf Parkplätzen ohne eindeutige Regelung nicht gilt. Autofahrer müssen aufeinander Rücksicht nehmen und sich jeweils über die Vorfahrt verständigen.

Bei dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Kläger gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall auf einem Parkplatz eines Baumarktes geltend gemacht. Dort waren die durch markierte Parkbuchten gekennzeichneten Parkflächen durch teilweise kreuzende, durch ihre Pflasterung nicht von den Parkbuchten abgehobene Fahrspuren erschlossen. Eine Beschilderung zur Regelung der Vorfahrt existierte nicht. Zum Unfallzeitpunkt befuhr der Kläger die zwischen den Parkplätzen befindliche Fahrgasse, der beklagte Fahrer des anderen Fahrzeuges aus Sicht des Klägers von links kommend eine diese Gasse kreuzende Fahrspur. Es kam zum Unfall. Das angerufene Amtsgericht hat der Klage unter Annahme einer Haftungsquote von 70 % zu 30 % zu Lasten des Beklagten teilweise stattgegeben. Die Berufung des Klägers gegen das amtsgerichtliche Urteil blieb vor dem Landgericht ohne Erfolg. Auch der BGH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass eine Haftung der Beklagten nicht aus § 8 StVO (Vorfahrt) folgt. Die Regeln der StVO seien auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar, so dass etwa von den Nutzern des Parkplatzes das sich aus § 1 StVO ergebende Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme zu achten ist. Der BGH ist allerdings der Auffassung, dass § 8 Straßenverkehrsordnung (StVO) auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung weder unmittelbar, noch im Rahmen der Pflichtenkonkretisierung nach § 1 Abs. 2 StVO Anwendung findet, soweit den dort vorhandenen Fahrspuren kein eindeutiger Straßencharakter zukommt, was auf den meisten öffentlich zugänglichen Parkplätzen bei Einkaufszentren und Baumärkten der Fall ist. Begründet wird das damit, dass die gesetzliche Vorfahrtsregelung den zügigen Verkehr auf bevorrechtigten Straßen gewährleisten soll und damit durch klare und sichere Verkehrsregelung auch der Sicherheit des Straßenverkehrs dienen soll. Ein Parkplatz sei dagegen keine Straße, sondern eine Verkehrsfläche, die grundsätzlich in jeder Richtung befahren werden darf. Markierungen, die einen Parkplatz in Parkplätze und Fahrspuren aufteilen, ändern für sich genommen daran nichts, so dass durch solche Markierungen entstehende Fahrbahnen keinen Straßencharakter haben. Die auf Parkplätzen vorhandenen Fahrspuren dienten zudem typischerweise nicht der möglichst zügigen Abwicklung des fließenden Verkehrs, sondern der Erschließung der Parkmöglichkeiten durch Eröffnung von Rangierräumen und der Ermöglichung von Be- und Entladevorgängen, wobei die Fahrbahnen regelmäßig sowohl von Kraftfahrern als auch Fußgängern genutzt werden. Eine Bejahung des Straßencharakters käme nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn sich durch bauliche Gestaltung der Fahrspuren und die sonstigen örtlichen Gegebenheiten für den Verkehrsteilnehmer unmissverständlich ergebe, dass die Fahrbahn nicht der Aufteilung und unmittelbaren Erschließung der Parkflächen, sondern in erster Linie der Zu- und Abfahrt und damit dem fließenden Verkehr diene.
Im Hinblick hierauf muss auf einem Parkplatz stets damit gerechnet werden, dass der von rechts kommende Fahrer sich – irrig – für vorfahrtsberechtigt hält. Dieser muss aber selber darauf achten, dass diese Regel auf Parkplätzen grundsätzlich nicht gilt. Ausnahmen sind nur bei eindeutigen Straßencharakter denkbar, was selten der Fall ist. RA Volker Klein

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