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Meldepflichten des Arbeitnehmers bei Krankheit und Unfall

10.04.2023

Der Gesetzgeber hat anlässlich der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zum 01.01.2023 geändert. § 5 EFZG wurde um einen Absatz 1a ergänzt. 

Danach entfällt für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und damit die bisherige Nachweispflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Diese Personen müssen nun nur noch die Arbeitsunfähigkeit sowie ihre voraussichtliche Dauer feststellen lassen und sich selbst eine entsprechende Bescheinigung aushändigen lassen. Allerdings entfällt mit der Reform nur die Nachweispflicht des Arbeitnehmers, nicht die Meldepflichten. Der Arbeitnehmer bleibt verpflichtet, sich unverzüglich arbeitsunfähig zu melden und dem Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Dies gilt auch, wenn die Arbeitsunfähigkeit über den zunächst festgelegten Zeitraum hinaus andauert. 

Kann der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht aufnehmen, muss er den Arbeitgeber entsprechend informieren. Beruht die Verhinderung allgemein auf den persönlichen Lebensumständen des Arbeitnehmers, ergibt sich die Meldepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB (Rücksichtnahmepflicht). 

Beruht die Arbeitsunfähigkeit auf einer Krankheit, ergibt sich die Meldepflicht konkret aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Der Arbeitnehmer muss danach den Arbeitgeber auch über die voraussichtliche Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit unterrichten. Dagegen schuldet der Arbeitnehmer keine Angaben über Ursachen und Natur der Erkrankung. Ausnahmen kommen in Betracht, wenn der Arbeitnehmer an einer ansteckenden Krankheit leidet, die den Arbeitgeber zu sofortigen Schutzmaßnahmen für die übrigen Beschäftigten veranlasst oder wenn es sich um eine Fortsetzungserkrankung handelt, die Einfluss auf die Entgeltfortzahlung hat. Der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeber unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, über seine Arbeitsunfähigkeit informieren. Der genaue Zeitpunkt hängt dabei von den Umständen des Einzelfalles ab. Grundsätzlich muss die Mitteilung an den Arbeitgeber so früh wie möglich erfolgen. Dies ist – unabhängig von einem späteren ärztlichen Attest – bereits dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes für sich beschließt, an diesem Tag nicht die Arbeit aufzunehmen. Unter Umständen muss sich der Arbeitnehmer auch mehrfach bei seinem Arbeitgeber melden. Erst mit der Ankündigung, zunächst einen Arzt aufzusuchen und sich deshalb zumindest zu verspäten; dann mit der Meldung über das ärztliche Attest und die voraussichtliche Dauer der Erkrankung. Grundsätzlich erfolgt die Mitteilung über die Arbeitsunfähigkeit nur unverzüglich, wenn sei am gleichen Arbeitstag vor Arbeitsbeginn beim Arbeitgeber eingeht. Auch hier sind Ausnahmen denkbar, aber regelmäßig erklärungsbedürftig. Das Gesetz verlangt nichts Unzumutbares. Wer aufgrund seines Gesundheitszustandes zu einer unverzüglichen Meldung nicht imstande ist, verletzt nicht seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. Der Arbeitnehmer muss regelmäßig zum Telefon greifen und kann vom Arbeitgeber erwarten, dass dieses Telefon bereits vor Arbeitsbeginn besetzt ist oder zumindest Nachrichten aufzeichnet. Mitteilungen per E-Mail oder Kurznachricht kommen ebenfalls in Betracht, wenn der Arbeitgeber entsprechende Kommunikationskanäle eingerichtet hat. 

Wenig Beachtung hat bislang die durchaus praxisrelevante Frage gefunden, ob eine Meldepflicht auch dann besteht, wenn ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs im Inland erkrankt. Teilweise wird das abgelehnt. Der Arbeitnehmer verhindert durch den nicht erfolgten Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit nur den Eintritt der Rechtsfolge des § 9 EFZG. Der Urlaub gilt als genommen; es besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Folglich ist der Arbeitnehmer so zu behandeln, als wäre er nicht erkrankt. Teilweise wird eine andere Auffassung vertreten. Eine Meldepflicht besteht danach nur, wenn für den Arbeitnehmer absehbar sei, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit über den bewilligten Urlaub hinaus fortdauern wird. 

Die herrschende Meinung geht hingegen davon aus, dass die Meldepflichten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG auch dann gelten, wenn der Arbeitnehmer während seines Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt. Die Meldepflicht soll den Arbeitgeber schließlich anlassbezogen in die Lage versetzen, sich Klarheit über das Bestehen und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu verschaffen. Auch wenn eine Erkrankung während des Urlaubs (im Inland) auftritt, kann der Arbeitnehmer daher nicht bis zu seinem ersten Arbeitstag warten, bevor er seine Erkrankung anzeigt. 

Hält sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland auf, so werden seine Meldepflichten um 2 Obliegenheiten ergänzt. Zum einen muss der Arbeitnehmer auch die Adresse seines Aufenthaltsortes im Ausland mitteilen. Der Arbeitgeber muss zwar die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines ausländischen Arztes grundsätzlich akzeptieren, hat aber die Möglichkeit, den erkrankten Arbeitnehmer vor Ort von einem Vertrauensarzt untersuchen zu lassen. Dies setzt die Kenntnis des Aufenthaltsortes voraus. 

Zum anderen muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nicht nur unverzüglich mitteilen; er muss vielmehr das schnellste verfügbare Kommunikationsmittel wählen. Dies wird regelmäßig durch einen Telefonanruf, eine E-Mail oder eine Kurznachricht über einen vom Arbeitgeber verwendeten Messengerdienst sein. Die Kosten trägt der Arbeitgeber. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer – anders als bei einer Erkrankung im Inland, wo dies der Arzt übernimmt – auch seine gesetzliche Krankenkasse über die Arbeitsunfähigkeit und ihre voraussichtliche Dauer informieren. Kehrt der im Ausland erkrankte Arbeitnehmer nach Deutschland zurück, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber und der Krankenkasse seine Rückkehr unverzüglich anzuzeigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Arbeitsunfähigkeit noch andauert. 

Verletzt der Arbeitnehmer seine Nachweispflichten, so wiegt dies regelmäßig schwerer als ein Verstoß gegen die Meldepflichten. Aber auch das Versäumnis, die eigene Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen, ist eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Dies kann eine Abmahnung nach sich ziehen und im Wiederholungsfalle zu einer Kündigung führen. © RA Volker Klein

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