Lohnansprüche und unternehmerisches Risiko in Zeiten der PandemieRechtsanwalt Klein informiert13.08.2020I.Das gesetzliche Grundkonzept Das Betriebsrisiko liegt nach der Konzeption des Gesetzes grundsätzlich beim Arbeitgeber. Kann er seine Mitarbeiter aus betriebstechnischen Gründen nicht beschäftigen, so bleibt er dennoch zur Lohnzahlung verpflichtet. Dies wird auch dann gelten, wenn der Arbeitgeber sich zu einer Betriebs- schließung gezwungen sieht, weil aufgrund einer Pandemie beispielsweise Lieferketten zusammen-brechen oder ein erheblicher Teil der Belegschaft erkrankt. Der Arbeitgeber kann auch in Zeiten einer Pandemie sein Betriebs- und Wirtschaftsrisiko nicht auf die Arbeitnehmer abwälzen. Von diesen Grundsatz hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit nur in extremen Einzelfällen eine Ausnahme gemacht – etwa wenn durch die Lohnfortzahlung die Existenz des Unternehmens konkret gefährdet würde. II.Betriebsschließung gemäß behördlicher Anordnung Die gleichen Maßstäbe sind anzulegen, wenn die Behörden die Schließung eines einzelnen Betriebes anordnen. Auch hier trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko wenn die Schließung durch die besondere Eigenart des Betriebes bedingt ist. Die aktuellen Anordnungen der Behörden, die zu einem teilweisen Stillstand des Wirtschaftslebens geführt haben, zielen allerdings auf die Schließung einer Vielzahl nicht „lebensnotwendiger“ Betreibe. Betroffen sind Einzelhandelsgeschäfte, Möbelhäuser oder Freizeit- und Kultureinrichtungen. Diese Maßnahme dient der Bekämpfung eines Infektionsrisikos, das im Regelfall gerade nicht in der besonderen Eigenart der betroffenen Betriebe angelegt ist. Dieses allgemeine Risiko einer Pandemie kann der Arbeitgeber – nicht einmal abstrakt – beherrschen und dennoch: Nach der gesetzlichen Konzeption des § 615 BGB trägt der Arbeitgeber alleine das Lohnrisiko, da er den Arbeitnehmer vertraglich gebunden und ihn dadurch eine alternative Verwertung seiner Arbeits- kraft unmöglich gemacht hat. Solange der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zumindest theoretisch noch anderweitig erbringen könnte, muss der Arbeitgeber wohl auch bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen weiter die Vergütung zahlen. Einen Ausweg bietet nur die Anordnung von Kurzarbeit. III.Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Erkrankt ein Arbeitnehmer am Corona-Virus wird er von seiner Arbeitspflicht frei und kann grund- sätzlich für 6 Wochen Entgeltfortzahlung verlangen. Sein Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist allerdings ausgeschlossen, wenn er die Erkrankung verschuldet kann, weil er beispielsweise grobfahrlässig gegen innerbetriebliche Schutzmaßnahmen verstoßen oder sich die Infektion leichtfertigt in einem Risikogebiet zugezogen hat. Letzteres war angesichts der derzeitigen Verbreitung des Virus jedoch nur dann der Fall sein, wenn die Ansteckungsgefahr in dem Risikogebiet signifikant höher ist als am eigentlichen Arbeitsort des Arbeitnehmers. Andernfalls verwirklicht sich hier lediglich das Allgemeine Lebensrisiko. IV.Erstattung nach dem Infektionsschutzgesetz Wird ein Arbeitnehmer wegen eines Krankheits- oder Ansteckungsverdachts aufgrund behördlicher Anordnung unter Quarantäne gestellt oder wird ihm die Ausübung seiner Tätigkeit nach dem Infektionsschutzgesetz untersagt, so hat er nach dem Infektionsschutzgesetz einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Verwirklicht wird dies, in dem der Arbeitnehmer seinen Verdienstausfall für einen Zeitraum von bis zu 6 Wochen von seinem Arbeitgeber erhält, der dann seinerseits diesen Betrag von der zuständigen Behörde auf Antrag erstattet bekommt. Der Anspruch setzt voraus, dass der Arbeitnehmer allein durch die behördliche Anordnung einen Verdienstausfall erleidet. Er besteht folglich nicht, wenn der Arbeitgeber anderweitig zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist. Nach der neu eingeführten Vorschrift des § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz können auch Erwerbs- tätige eine Entschädigung in Geld verlangen, die aufgrund von Schul- und KiTa-Schließungen einen Verdienstausfall erleiden, weil sie die Betreuung ihrer Kinder (bis zum 12. Lebensjahr) selbst übernehmen müssen. Dieser Anspruch ist jedoch auf 67 % des Verdienstausfalles und maximal 2.016,00 € monatlich begrenzt. Wenn betreuungspflichtige Kinder von Arbeitnehmer am Corona-Virus erkranken, besteht bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres unter Umständen auch der gesetzliche Anspruch auf Krankengeld gegenüber den Sozialversicherungsträgern nach § 45 SGB V. V. Nur vorübergehende Verhinderung: Sind Arbeitnehmer allerdings aus persönlichen Gründen nur eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Erbringung ihrer Dienstleistung verhindert, so behalten sie nach § 616 BGB ihren Lohnanspruch – zumindest wenn die Vorschrift nicht kollektiv- oder einzelvertraglich abgedungen wurde. Voraussetzung ist die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung im Sinne von § 275 BGB, was aber im Anwendungsbereich der §§ 30 oder 31 Infektionsschutzgesetz regelmäßig der Fall ist. Fazit: Der Arbeitgeber trägt auch in Zeiten der Pandemie ganz überwiegend das unternehmerische Risiko – selbst dann, wenn die einzelnen Risiken für ihn nicht beherrschbar sind. Umso mehr kommt es für den Arbeitgeber darauf an, die gesetzlichen Erstattungsansprüche möglichst umfassend zu nutzen. Sind Arbeitnehmer aufgrund von behördlichen Quarantäne Anordnungen oder Schul-/KiTa-Schließungen gezwungen, zu Hause zu bleiben und können daher ihre Arbeitsleistung nicht erbringen, so sollte der Arbeitgeber darauf hinwirken, dass Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz in Anspruch genommen werden und dass die Arbeitnehmer sich nicht etwa einfach krankschreiben lassen. Diese Erläuterungen erhielten wir von Rechtsanwalt Volker Klein aus Bexbach, www.kanzlei-klein.de Sie möchten eine Werbeanzeige schalten?Rufen Sie uns gerne unter +49 (0) 68 41 / 61 40 5 an oder nutzen Sie unser Kontaktformular.BagatelleDie Homburger StadtzeitungSeit Oktober 2019 bieten wir Ihnen auch an, die Bagatelle online zu lesen. Klicken Sie einfach auf den unten stehenden Link, um dann kostenfrei die Bagatelle als PDF lesen zu können. Um künftig noch schneller und aktueller zu sein, werden wir auch online für Sie noch präsenter sein. Viel Spaß wünscht Ihnen das Team der Homburger Stadtzeitung! 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