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Gesundheitsbeitrag

Gluten

10.06.2023

Laut einer Untersuchung der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e.V. (DZG) leidet etwa ein Prozent der Bevölkerung an einer voll ausgeprägten Zöliakie. Das klingt zunächst nicht besonders dramatisch, wenn man bedenkt, dass immerhin 99% aller Menschen nicht von der Krankheit betroffen zu sein scheinen. Tatsächlich ist die Dunkelziffer hier jedoch groß, denn die Symptome sind häufig unspezifisch und deuten, wenn überhaupt, zwar auf eine Glutensensitivität, jedoch nicht zwangsläufig auf eine schwerwiegende chronische Erkrankung hin. Daher wissen nur etwa 10 – 20% aller Menschen, die das Gefühl haben, besonders sensibel auf Gluten zu reagieren, dass sie nicht nur eine harmlose Unverträglichkeit, sondern eine ernstzunehmende Erkrankung haben. 

Zöliakie ist eine Autoimmunkrankheit, bei der unser Immunsystem Antikörper gegenüber Gluten bzw. Gliadin entwickelt. Nehmen die Betroffenen Gluten über die Nahrung auf, kommt es daher zu einer autoimmunen Reaktion des Körpers. Langfristig entstehen auf diese Weise chronisch entzündliche Prozesse im Darm, die schwere Folgeerkrankungen auslösen können. Doch was ist eigentlich dieses Gluten und in welchen Lebensmitteln ist es zu finden?

Gluten ist ein sogenanntes Klebereiweiß und gehört zur Grupp der Lektine. Diese wiederum haben in der Natur eine einfache, aber sehr sinnvolle Funktion, nämlich den Schutz der Pflanze vor Fressfeinden. Nun sind auch wir Menschen aus Perspektive der Pflanzen Fressfeinde, weshalb Lektine strenggenommen von uns gemieden werden sollten. Da unser Körper jedoch recht groß und auch vergleichsweise schwer ist, kann uns der Verzehr von lektinhaltigen Nahrungsmitteln zunächst einmal nichts anhaben, da die enthaltenen Mengen in aller Regel zu gering sind. Gut tun uns diese Stoffe jedoch trotzdem nicht. Gluten findet sich in verschiedenen Getreidearten wie etwa Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste oder Kamut. Auch sogenannte Urgetreidesorten wie z.B. Emmer oder Einkorn enthalten das Klebereiweiß. Glutenfrei sind dagegen Reis und Hirse sowie alle Arten von Pseudogetreide wie etwa Quinoa, Amaranth und Buchweizen. Auch Hafer ist von Natur aus glutenfrei; da dieser jedoch häufig auf Feldern angebaut wird, auf denen im Vorjahr glutenhaltiges Getreide gewachsen ist, sollten Menschen, die von einer Glutensensitivität betroffen sind, besser auf solche Produkte aus Hafer zurückgreifen, die explizit als glutenfrei deklariert sind. Hier kann man sicher sein, dass der verwendete Hafer ausschließlich auf Anbauflächen gewachsen ist, die nicht durch den vorherigen Anbau glutenhaltiger Getreidesorten „kontaminiert“ worden sind. Wer das Gefühl hat der eigene Körper reagiert auf den Verzehr von glutenhaltigen Nahrungsmitteln negativ, der sollte hellhörig werden und die Symptome nicht einfach beiseiteschieben. Im ersten Schritt kann es bereits sehr hilfreich sein, einen Selbsttest an sich durchzuführen, indem man Gluten zunächst für zwei bis drei Wochen strikt aus seiner Ernährung heraushält. Im Anschluss an diese Auslassphase führt man Gluten wieder ein und schaut, wie es dem eigenen Körper damit geht. Stellt man nun fest, dass man auf den plötzlichen Verzehr glutenhaltiger Lebensmittel mit bestimmten Symptomen reagiert, sollte man sich im Anschluss an einen Arzt wenden und den Verdacht mittels Laboruntersuchungen überprüfen lassen. Stellt sich dabei heraus, dass man Gluten tatsächlich meiden bzw. sogar ganz darauf verzichten sollte, stehen Betroffene vor allem in den ersten Tagen und Wochen nach der Diagnose häufig vor großen Herausforderungen. Altbekannte Speisen und Rezepte können nun nicht mehr verzehrt bzw. zubereitet werden und es entsteht gelegentlich das Gefühl auf „alles“ verzichten zu müssen. Glücklicherweise gibt es inzwischen jedoch auch jede Menge glutenfreie Produkte, die man entweder fertig kaufen oder noch besser selbst machen kann. Hilfreich kann in dieser Situation sein, dass Betroffene sich in der Anfangsphase der Umstellung ein oder zwei Sitzungen bei einer Ernährungsberatung buchen, um einen besseren Umgang mit der neuen Situation zu finden und ein Gespür dafür zu entwickeln, welche Lebensmittel anstelle der geliebten Weißmehlbrötchen oder der Pizza im Restaurant nun verzehrt werden können. Es kann sich außerdem lohnen, in ein oder zwei neue Kochbücher zu investieren, die speziell auf die glutenfreie Küche ausgelegt sind. Diese kann man zum Teil auch schon gebraucht für wenig Geld erwerben. Mit etwas Zeit und Übung wird man feststellen, dass eine glutenfreie Ernährung nicht zwangsläufig nur mit Verzicht zu tun hat und es viele leckere Gerichte gibt, die man weiterhin guten Gewissens essen kann. In größeren Städten etablieren sich darüber hinaus sogar immer mehr Bäckereien, die explizit nur glutenfreie Produkte anbieten, sodass man sich auch nicht jedes Mal selbst in die Küche stellen muss. Alles in Allem kann die Diagnose einer Glutensensitivität bzw. einer Zöliakie bei all den Herausforderungen aber immer auch eine Chance sein, mehr über sich, den Körper und die eigene Gesundheit zu lernen. Nicht selten stellt eine gezwungenermaßen notwendige Ernährungsumstellung den ersten Schritt in ein gesundheitsbewussteres Leben mit besserer Ernährung, mehr Bewegung und letztlich auch einer höheren Lebensqualität dar und dafür lohnt sich der Verzicht auf ein paar wenige Getreidesorten doch in jedem Fall.

 

Emilia Schappé, zertifizierte Ernährungsberaterin 

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